Weibliches Hollywood

Die Oscars 2024 sind wieder in allermunde und groß war der Aufschrei, als die Hauptdarstellerin des BARBIE Films Margot Robbie nicht nominiert war, als Beste Hauptdarstellerin. Schließlich hat sie doch eine super Performance abgeliefert, welche wichtig für die weibliche Darstellung in Hollywoodfilmen ist.

Ist das so?

Nehmt es mir nicht übel, aber ich schließe mich der Entscheidung an, dass sie keinen Oscar verdient hat. Wieso, will ich in dieser kleinen Beitragsreihe zeigen. Margot Robbie spielt seit Harley Quinn eine Type cast Figur, welche zwar feministisch sein soll, aber komplett für die sexualisierte Männerwelt ausgerichtet ist (Eine Prise Naiv, stehts sexy gekleidet und die Zunge beim Lachen rausstreckend). Somit ändert sie nichts in dem Hollywoodsystem, welche zurecht kritisiert, auf eine männlich dominierte Welt ausgerichtet ist, auch wenn sie und die Regisseurin es durch die Aussage im BARBIE-Film versuchten. Aber in der Geschichte von Hollywood gab es sie. Die Frauen, auf welche die ganze Welt schaute, Frauen, die nicht als Sexobjekt wahrgenommen wurden, sondern Frauen, die Stark waren, die Selbstbewusst sind, Frauen, die nicht dem Schönheitsideal entsprachen und Frauen, die sich nicht unterdrücken ließen.

Figuren in Filmen dürfen nicht plakativ sein, sondern sind für den Zuschauer, egal welchen Geschlechtes interessant, wenn sie eine Entwicklung durchmachen, nicht vor Perfektion strotzen und auch nicht krampfhaft versuchen, das andere Geschlecht zu übertrumpfen. Die Regel: „Ein Held, ein Ziel, ein Hindernis“, sollte auch für diese Figuren gelten.

Nehmen wir als Beispiel Elsa Lanchester’s Performance als die Braut von Frankensteins Monster. Die Frankenstein-Braut hat nicht nur das Thema des Außenseiters aufgegriffen, sondern auch mehrere Trends ausgelöst, die in den kommenden Jahren in unzähligen Formen aufgegriffen wurden. Seit diesem Film wird die Braut regelmäßig mit ihrem Schöpfer gleichgesetzt: nicht mit Dr. Frankenstein, sondern mit der Schriftstellerin Mary Shelley. In diesem Film spielt Elsa Lanchester sowohl die weibliche Schöpfung am Ende des Films als auch eine ziemlich prüde Version der Autorin im Prolog. Ähnliche Elemente wurden in der Zukunft oft verwendet und gaben den Bride-Filmen eine meta-narrative Qualität, die im traditionellen Gothic-Horror selten zu finden ist. In diesem Film lehnt die Braut das Monster aus Angst ab. In späteren Versionen gibt es in der Regel eine Variation dieser Sequenz, in der es um die Ablehnung oder die Akzeptanz ihres Wunschpartners geht.

Einen Prototyp dieser Figur sahen wir schon in Fritz Langs Version von METROPOLIS. Die Darstellung von Brigitte Helm in der Doppelrolle als Maria/ Maschinenemensch weist ähnliche Züge schon im Jahr 1927 auf. Maria ist wie eine Mutter für die Männer im Untergrund und verspricht ihnen Erlösung und Freiheit von den Qualen in den Katakomben und winzigen Häusern, in denen sie tagein, tagaus schuften müssen. Maria ist fast so etwas wie eine Retterin, aber angesichts der immer stärkeren technologischen Beherrschung der Natur muss der Meisteringenieur von Metropolis versuchen, die Frau zu erschaffen, ein Wesen, das sich nach Ansicht der Männer aufgrund seiner „Natur“ der Technologisierung widersetzt.“ Die Technologie steht für die Fähigkeit des Mannes, außerhalb der Natur zu erschaffen, im Gegensatz zur Fähigkeit der Frau, sich biologisch zu reproduzieren. Bei der Konstruktion des Maschinenmenschen und seiner Entwicklung zu einer perfekten Kopie von Marias Körperbau ist die biologische Schöpfung nicht notwendig.  Die falsche Maria (Maschinenmensch) bringt später als Hure Babylon die Bourgeoisie in Versuchung und das Proletariat zum Aufstand – und führt die Apokalypse herbei, die Freder liest, während die Maschine sie verwirklicht. Eine Selbstbestimmte Frauenrolle, zwar in der Verkörperung der Bösen Figur, aber unabhängig von Männern.

Übrigens sind beide Filme und die Figuren starke Vorbilder für die LGBTQ Szene. Brigitte Helm klagte gegen die Filmindustrie, da sie nicht nur in typische Rollen eigesetzt werden wollte.
Somit ist sie die erste Frau, die gegen den Verwertungsdruck der Filmindustrie rebelliert hat.

Die 40er Jahre brachten den Film Noir und wir bekamen das typische Bild von einer Femme Fatale und der Frau in Nöten, die immer durch die Hand eines Mannes gerettet werden, mussten. In diesen Rollen bekamen Darstellerinnen wie Ingrid Bergman und Marylin Monroe ihren Durchbruch, als naive blonde Frau in Nöten. Dies ist tatsächlich super Schade, da gerade Ingrid Bergman in Filmen wie CASABLANCA als Ilsa Lund eine großartige Figur darstellt, die den Mut ergreift, ihren Ex-Freund, welchen Sie abserviert hat, um Hilfe zu bitten, damit sie eine schöne Zukunft in Freiheit verbringen kann, mit ihrem neuen Liebhaber. Eine Figur mit Tiefe, von welcher wir beim Öfteren schauen des Filmes immer mehr erfahren. Und Marylin Monroe hatte großartige Augenblicke als Comedian in HOW TO MARRY A MILLIONAIRE und SOME LIKE IT HOT. Allerdings wurde sie wie Margot Robbie mit dem Stigma des type cast verflucht. Das naive Blondchen, welches für Sex herhalten muss.

Ungefähr zur selben Zeit zeigte Audrey Hepburn wie man Klischees auf den Kopf drehen kann mit BREAKFAST AT TIFFANYS (Sie war sogar nominiert für einen Oscar in der Rolle). BREAKFAST AT TIFFANYS zeigt, wie es für eine Frau aussehen könnte, nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben, anstatt sich der Geschlechterdynamik des 20. Jahrhunderts zu fügen, die im Allgemeinen weibliche Passivität und Konformität mit patriarchalischen Erwartungen förderte. Auch ihre Performance als Eliza Doolittle in MY FAIR LADY war nicht nur grandiose, sondern bot auch eine Botschaft. Themen wie Klassendiskriminierung, Sexismus, sprachliche Profilierung und soziale Identität wurden hier direkt angesprochen und durch Audrey verkörpert. Themen, die auch heute noch in unserer Welt sehr präsent sind.

Je weiter die verschiedenen Genres voran stritten, umso mehr kamen auch gute Beispiele für weibliche ikonische Figuren. Hatten die Männer einen FLASH GORDON, bot Jane Fonda mit BARBARELLA das passende Gegenpendant. Verführte Christopher Lee als bissiger Vampir die Frauenwelt, so tat es Barbara Steele ihm gleich und zeigte in BLACK SUNDAY, dass die Damen, die besseren Vampire sind in. Im Exploitation Bereich der 70er Jahre kämpfte sich Pam Grier ihren Weg zu ihrer Freiheit durch Waffengewalt gegen ihre Peiniger, den Zuhältern und Drogendealern. Und ja, Pam Grier gilt noch vor Linda Hamilton und Sigourney Weaver als erste berühmte Action-Heldin der Kinogeschichte. Und noch viel wichtiger, sie ist die erste schwarze Action-Heldin.

Das Motiv der Rache wird allgemein eher den männlichen Figuren zugesprochen. Die Figur des Paul Kersey in DEATH WISH oder Frank Castle in PUNISHER nimmt als heroischer Mann Rache um alles böse auszuradieren, welche ihre Familie genommen haben. Nur gut, dass diese Rolle schon Jahre zuvor von Frauen verkörpert wurde. Wie im japanischen Film LADY SNOWBLOOD, in der die Figur Yuki Kashima, gespielt von Meiko Kaji, Rache nimmt und die Verbrecher zur Strecke bringt, um ihre Familie zu rächen. Raquel Welch schoss sich als HANNIE CAULDER durch den wilden Westen und Christina Lindberg nahm in THRILLER Rache an den Leuten, die sie zur Sklaverei im Sexgeschäft zwangen und ihr ein Auge ausstachen. Auch Linda Blair, das kleine Mädchen aus dem Film DER EXORZIST, nahm sich in den 80ern den Revenge Film an und machte Jagd auf Kriminelle in ihrem Catsuit und einer Armbrust in SAVAGE STREETS. Oder Geena Davis, welche in LONGKISS GODDBYE Actionhelden wie Bruce Willis zeigt, wie man den Bösen richtig in den Arsch tritt. Vergessen wir aber nicht den Kampfsport Sektor, wo eine Michelle Yeoh an der Seite von Jackie Chan kämpft oder eine Cynthia Rothrock mit ihren Beinen die Bösen besser wegtritt als ein Jean-Claude Van Damme. Alles Figuren die Quentin Tarantino in seiner Würdigung des Genres der starken Frauen in KILL BILL Vol. 1 und Vol. 2 zelebrierte. Quentin setzt oft starke Frauen in seinen Filmen ein, weil sie, wie er es so schön sagte, seine Mutter repräsentieren, die als alleinerziehende Frau, viele Hürden auf sich nahm aber Quentin immer Schutz bot.

Action Regisseure wie James Cameron gaben dem weiblichen Geschlecht die Kraft zu zeigen, dass ein vernünftiger Verstand dafür sorgt, dass man bei einer Invasion von Aliens eher überlebt, als wenn man seine Muskeln sprechen lässt. Ripley in ALIENS verkörpert genau dies und ist gerade deswegen von allen geliebt. Sie macht eine Verwandlung durch, welche der Situation geschuldet ist. Sie hat durch den Kryoschlaf ihre eigene Tochter nie großwerden sehen und muss nun, im Alleingang, ein Kind retten vor der gefährlichsten Spezies des Weltalls. Auch die Figur der Sarah Connor macht bei James Cameron eine Wandlung durch. Von der im ersten TERMINATOR Teil noch nichtsahnenden Kellnerin, die in ein traumatisches Erlebnis gestürzt wird, entwickelt sie sich zu einer wahren Kämpferin in TERMINATOR 2, die es mit den tödlichen Maschinen als Mensch genauso aufnehmen kann, wie Arnold Schwarzenegger als muskulöser Roboter. Cameron führte also das fort, was schon immer in Hollywood sichtbar war. Dass eine Frau genauso stark und unabhängig sein kann, wie die männlichen Gegenpendants. Die Figuren brauchen nur Tiefe, müssen nicht aufgesetzt wirken, dürfen ruhig Macken und Behinderungen haben und dürfen ihre Sexualität frei ausleben, wie sie wollen. Ganz egal welche Hautfarbe oder aus welchem Land sie stammen. Oder hat es jemanden gestört, dass Vasquez in ALIENS lesbisch ist? Was zählt ist eine gute Story. George Miller verlieh Charlize Theron eine Tiefe in MAD MAX FURY ROAD. Sie entspricht nicht dem typischen Schönheitsideal, sie trägt eine Glatze und ihr fehlt eine Hand. Aber ihre Figur ist so interessant, dass wir mit ihr mitfühlen und sie sogar interessanter finden als Mad Max, um den es ja eigentlich geht. Etwas, was ihren Figuren in ATOMIC BLONDE oder der THE FAST AND THE FURIOUS Reihe fehlt. Michelle Pfeiffer macht als Selina Kyle eine extreme Wandlung in BATMAN RETURNS durch. Von der prüden Maus zum sexy Vamp ist sie wie eine Katze, die kurz schnurrt aber unberechenbar ist. Für jeden Mann unantastbar. Eine Vorlage, die Kate Beckinsale in UNDERWORLD in der Rolle der Selene übernommen hat. Sie entspricht zwar, genau wie Michelle Pfeiffer in BATMAN RETURNS dem was viele als sexualisierend betrachten, aber wenn wir uns die Figuren anschauen, würden wir feststellen, dass sie so viel durchgemacht haben, dass wenn auch nur einer auf die Idee käme, sie sexuell zu belästigen, diese wahrscheinlich direkt kastriert werden.

Was lernen wir daraus? Hollywood wird zurecht kritisiert und es kann nicht angehen, dass Männer dort mehr Jobs bekommen als Frauen. Aber es liegt an uns Filmemachern, Drehbuchautoren und Produzenten, den Frauen Rollen zu geben, die Tiefsinnig sind und nicht nach dem Sex Sells Muster bedient werden.

Cheers

 

THE VEGAN SATANIST