Wir alle haben die Legende über die Blutgräfin gehört. Die berühmteste Serienmörderin in der Historie der Menschheit, hat angeblich über 600 junge Frauen umgebracht und in ihrem Blut sprichwörtlich gebadet. Damit steht sie sogar absurderweise im Guinnessbuch der Rekorde für die erfolgreichste Mörderin. Diese Gräueltaten verrichtete sie nur aus einem Zweck: Ewige Jugend. Elizabeth Báthory, ihr richtiger Name wird Erzsébet Báthory geschrieben, ist eine Kultfigur für Fans von Vampirismus und Serienkiller. In Filmen wie HOSTEL 2 oder den Klassiker IMMORAL TALES von 1974 hat die Blutgräfin ihren Auftritt. Sie inspirierte die Figur von Lady Gaga in der Serie AMERICAN HORROR STORY HOTEL und war auch das Vorbild für Lady Dimitrescu in RESIDENT EVIL VIII. Die Band GHOST singt über sie in den Song „Elizabeth“, CRADLE OF FILTH nutzt ihre Figur für das Albumcover von „Cruelty And The Beast“ und die 1983 gegründete Band BATHORY benannte sich einfach nach der Gräfin.
Doch ist es genauso geschehen, wie es die Legende erzählt? War Elizabeth Báthory wirklich eine grausame Serienkillerin, die danach lüstete junge Frauen ihres Blutes zu berauben? Stand ihr der Titel „Blutgräfin“ wirklich zu?
Nun, wie so oft in der Geschichte der Menschheit werden wir auch hier Zeuge wie eine mächtige Frau von patriarchalen und frauenfeindlichen Strukturen zum Opfer auserkoren wird. Doch damit nicht genug, wird leider die Legendbildung dafür sorgen, dass aus einer einst bekannten Frau, das grausamste Monster der Geschichte wird.
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Wir fangen ganz vorne an.
Elizabeth Báthory wurde als Tochter des adeligen Militärs Georg Báthory von Ecsed und Anna Báthory von Somlyós, der älteren Schwester des zu jener Zeit regierenden Königs István Báthory, im Jahre 1560 geboren. Elizabeth hatte noch drei Geschwister, den älteren Bruder Stephan und die jüngeren Schwestern Sofia und Klara.
Als Elizabeth 14 Jahre alt wurde, heiratete sie den 19-jährigen Franz Nádasdy und änderte ihren Nachnamen in Báthory-Nádasdy um und konvertierte von einer Calvinistin zum Luthertum. Zwischen den Jahren 1585 und 1598 gebar Báthory fünf Kinder, von denen nur die Töchter Anna, Katharina und der jüngste Sohn Paul überlebten. Die anderen beiden, also Ursula und Andreas verstarben als Kinder. Ihr Ehemann Franz hatte als Kommandant im königlichen Ungarn gegen die Osmanen gekämpft und größte Teile des Landes zurückerobert. Für seine Verdienste wurde er zum Ritter geschlagen und erhielt, durch die brutale und heftige Art, welche er den Krieg führte, den Beinamen „Schwarzer Ritter“. Doch im Jahr 1601 erkrankte Franz Nádasdy in Pressburg. Am 4. Januar 1604 starb Franz Nádasdy, mitten in einer Schlacht an einer mysteriösen und plötzlichen Krankheit. Die Krankheit, an der der Graf starb, ist bis heute unbekannt, jedoch weiß man, dass er mindestens zwei Jahre lang an einer Erkrankung der unteren Gliedmaßen litt, bevor er seinem Infekt erlag. Noch vor seinem Tod, vertraute Franz Nádasdy seine Erben und seine Witwe Georg (György) Thurzó an, welcher später die Ermittlungen gegen Báthorys Verbrechen leiten wird. Und wie immer, wird Macht und Religion eine große Rolle spielen.
Nach dem Tod von Franz Nádasdy vererbte er Elizabeth Báthory das gesamte Vermögen. Als im folge Jahr 1605 auch noch ihren Bruder Stephan, welcher Kinderlos war, starb, erbte sie sein gesamtes Hab und Gut und besaß sie die größte Macht im Land. Ihr gehörten Bauernhöfe, Güter und Immobilien von Transsylvanien bis nach Österreich. Das meiste davon waren jedoch Burgen im ganzen Norden von Ungarn. Zudem agierte sie selbst als Familienoberhaupt, was für eine Frau nicht üblich war zu jener Zeit. Dies war vielen Leuten ein Dorn im Auge. Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Dies wird Elizabeth Báthory am eigenen Leib zu spüren bekommen.
Matthias II. auch bekannt als Erzherzog von Österreich, sowie König von Ungarn und strenger Katholik wollte noch mehr Macht. Die Reiche und mächtige Elizabeth stand ihm mit dem Riesenbesitztümern und den Wertanlagen im Weg. Die Habsburger und Báthorys waren schon seit Langem verfeindet und eiferten auf den anderen Besitz. Der Konflikt der beiden Häuser begann 1571 und sollte nun endlich ein Ende finden, mit dem Tod von Elizabeth Báthory. Also beauftragte Matthias II. im Jahre 1610 den ungarischen Palatin Georg Thurzó, genau jenen, den auch Nádasdy seine Erben und seine Witwe Elizabeth anvertraute, mit einer Untersuchung. Er sollte Elizabeth Báthory aus dem Weg schaffen. Georg Thurzó war dafür bekannt, unschuldige Menschen aus dem Weg zu Räumen. Als 1605 das Grab seines Vaters von Truppen beraubt wurde, fand man das Diebesgut im Dorf Bodiná. Allerdings haben die Dorfbewohner es nicht gestohlen, sondern die Söldner hatten es nur dort versteckt. Ohne einen Richterspruch ließ der Palatin Georg Thurzó die unschuldigen Dorfbewohner hängen und das Dorf anzünden. Und auch schon vor Elizabeth Báthory, hat er auch andere hochadelige Witwen kaltgestellt, um sie um ihren Besitz zu bringen. Interessanterweise gab es einen Briefverkehr zwischen Georg Thurzó und Elizabeth Báthory. Dort erwähnt sie in einem Brief an ihn, sie werde nicht gleichermaßen ein leichtes Opfer sein, wodurch klar sein sollte, dass Thurzó für seine Taten über Leichen zu gehen bekannt war. Wichtig ist noch zu wissen, das Thurzó im gleichen Jahr, wie er von Matthias II. angeheuert wurde seinen Glauben wechselte. Er konvertierte von der lutherischen zur katholischen Kirche.
Elizabeth Báthory war nun ein Feindbild und gehörte auch einer Religion an, die von der katholischen Kirche nicht geduldet wird. Als Lutheranerin war sie eine Sünderin. Georg Thurzó ließ sie verhaften. Gleichzeitig beauftragte er auch im März 1610, zwei Notare, András Keresztúry und Mózes Cziráky, mit der Sammlung von Beweisen. Innerhalb eines halben Jahres hatten sie 52 Zeugenaussagen gesammelt und bis ins Folgejahr 1611 stieg die Zahl auf über 300. Angeblich hätte Elizabeth Báthory, über 225 Töchter des niederen Adels getötet, die von ihren Eltern auf ihr Schloss geschickt wurden, um die höfische Etikette zu erlernen. Doch die Gräfin hatte nur die Absicht, die jungen Mädchen beastialisch aus reiner Lust zu Foltern. Dass Hochadelige die Prügelstrafe gegenüber Dienerinnen niedrigen Standes einsetzten, war zu jener Zeit normal. Auch Georg Thurzó wandte die Prügelstrafe an. Jedoch sollte bei einer Prügelstrafe niemand Sterben und vor allem nicht aus Verlangen und Lust. Dennoch belastete Thurzó die Gräfin in dem er Behauptete, dass er sofort nach Betreten der Burg Čachticesofort die ersten Mädchenleichen fand. Weitere Behauptungen waren, dass sie Folterspuren an Leichen gesehen hatten, von denen einige auf Friedhöfen und andere an nicht gekennzeichneten Orten begraben waren. Das Schlimme ist, dass all diese Zeugenaussagen ebenfalls unter Androhung von Folter erzwungen wurden und kein Einziger der Zeugen, konnte einen direkten Namen von einem der Opfer nennen.
Tatsächlich fand man aber 8 tote Mädchen auf dem Gelände der Burg, die dort vergraben wurden. Diese Mädchen starben alle innerhalb von 1 ½ Wochen. Der Grund für ihren Tod war aber eine natürliche Ursache. Sie hatten sich eine Krankheit eingefangen. Da zu jener Zeit auch die Pest kursierte, ließ die Bedienstete der Gräfin die Leichen auf den Hof vergraben, damit sich im Dorf und der Umgebung nicht die Angst breit macht, dass die Pest auch dort kursierte. Dies Geschah im Jahr 1610 und Elizabeth Báthory war unschuldig, da sie zum Todeszeitpunkt der 8 Mädchen gar nicht vor Ort war, sondern sich mit ihrer Tochter auf einer Reise befand. Dass die Körper der toten Verletzungen aufwiesen, die eine Laie an Folter glauben ließ, lässt sich auch erklären. Die Medizin von damals war nicht sehr weit entwickelt. Ein beliebtes Mittel war der Aderlass, bei dem eine Ader aufgeschnitten wurde, um das vergiftete Blut aus dem Körper zu lassen. Da gerade bei den Adeligen und auf dem Hof von Báthory viele Ärzte waren, die sich mit Medizin auskannten, kann man davon ausgehen, dass diese versuchten die Mädchen vor ihrem Tod zu behandeln. Auch war es üblich, das Hochadelige Frauen ihre Dienerinnen medizinisch behandelten, was, der Zeit entsprechend, nicht immer zum Erfolg führte. Somit kann es auch sein, dass Elizabeth Báthory oft bei einigen Dienstmädchen eine Behandlung durchführte.
Wie bei den Hexenprozessen wurde nun trotzdem behauptet das Elizabeth Báthory diese grausamen Taten vollzogen hat und sie wurde wegen vielfachen Mordes an Dienerinnen im Jahr 1611 unter Hausarrest gestellt. Nun geschieht etwas, was sogar zu jener Zeit illegal war. Ohne formale Anklage, einer Vorladung, Gerichtsverfahren oder einer Strafe, darf niemand festgenommen werden. Jedoch wurde genau dies aber bei Elizabeth Báthory durchgeführt.
Außerdem war das Strafmaß völlig falsch angesetzt. Manche sind der Auffassung, dass Báthorys brutales Verhalten gegenüber Untergebenen lediglich exzessiver war als der anderen Hochadligen. Sie sei nur angeklagt worden, weil sie sich nicht mit Bauernmädchen begnügt, sondern auch Mädchen aus dem niederen Adel Ungarns umgebracht haben soll. Nun gibt es aber eine wichtige Unterscheidung, was bei diesem Prozess sehr wichtig ist. Sollte das Opfer adeliger Herkunft gewesen sein, was Bedienstete damals nie waren, wurde der Täter verurteilt und hingerichtet. Sollten die Opfer aber nicht vom Adel abstammen, sondern nur normale Bauern sein, dann hatten die Angehörigen die Option Schadensersatz zu stellen. Bei Elizabeth Báthory wurde jedoch nie Schadensersatz gestellt, somit ist die Behauptung, dass sie Mädchen aus dem niederen Adel Ungarns umgebracht hätte, völlig haltlos. Es gab auch keinen Adeligen, der jemanden vermisste. Da Elizabeth Báthory keine Stellung zu ihrem Fall nehmen durfte, Vernahm man auch Mitangeklagte, also diverse Diener Báthorys. Die Methode der Vernehmung hieß aber Folter.
Die Kammerzofe der Gräfin Dorothea (Dorottya) Szentes und die Amme Helene (Ilona) Jó, wurden während des Prozesses die Hände verstümmelt und danach lebendig verbrannt. Sie hätten der Gräfin angeblich bei den Taten geholfen. Der Hausmeister János Ujváry wurde geköpft und sein Leichnam anschließend verbrannt. Nur die Wäscherin der Brug, Katharina Beneczky blieb in Haft und am Leben, da einige Zeugenaussagen sie entlastet haben.
Der katholische König Matthias II. aus dem Haus Habsburg verlangte das Todesurteil gegen die evangelische Báthory. Thurzó lehnte dies ab und Báthory wurde bis zu ihrem Lebensende auf ihrer Burg Čachtice gefangen gehalten. Dort starb sie am 21. August 1614 und wurde am 25. November in der Kirche zu Čachtice beigesetzt.
Im Jahr 1729, mehr als hundert Jahre später nach ihrem Tod, behandelt der Jesuit László Turóczi in seinem vom Geist der Gegenreformation geprägten Werk „Ungaria suis cum regibus compendio data“ die Verurteilung Báthorys vom Standpunkt des Gerichts aus. Aber anstatt bei den Fakten zu bleiben, schmückt er die Geschichte und Entscheide mit frei erfundenen Details und Behauptungen aus. So auch, das Báthory beim Foltern eines jungen Mädchens einen Blutspritzer abbekam und jener Fleck auf ihrer Haut dafür sorgte, dass sie eine Verjüngung verspürte. Dies sorgte dafür, dass sie systematisch junge Frauen ins Schloss befahl, um sie zu töten und in ihrem Blut zu baden, damit sie nie altern würde und für ewig jung und attraktiv sei. Außerdem waren die Kammerzofe und die Amme zwei Hexen, die Báthory bei ihren Taten unterstützten. Er glaubte auch die Ursache für ihren Wahnsinn zu kennen und der lag darin, dass sie zum Luthertum angehörte und keine Katholikin war. Diese falschen Behauptungen wurden über die Jahrhunderte übernommen und immer weiter ausgeschmückt. Die Foltermethoden wurden immer extremer. Schläge mit der Stachelpeitsche, Mundwinkel auseinanderziehen, die Opfer nackt durch den Schnee schleifen lassen, heiße Münzen auf die Nackte Haut pressen und der Einsatz der Eisernen Jungfrau. Es wundert einen nicht, dass der berühmte Masochist Leopold von Sacher-Masoch die Geschichte „Ewige Jugend“ schrieb, welchen von den Sagen von Elizabeth Báthory handelten. Jene Geschichten, Legenden und Behauptungen, machten sie zur „Blutgräfin“, eine Vampirin, die noch heute in der Pop- und Horrorkultur eine wichtige Rolle spielt. Die Blutgräfin hat einen Stellenwert wie Dracula, wenn es um „reale Vampire“ geht die ein sexuelles Verlangen bei ihren Opfern hervorruft. Die hypersexualisierte Blutgräfin, welche als queere Killerin zuschlägt, indem sie junge Frauen aussaugt, um ihrer Haut die ewige Jugend zu schenken. Das traurige allerdings ist, dass die reale Elizabeth Báthory in Vergessenheit riet. Was blieb ist das Sinnbild vom Hass alternder Frauen, die die Jugend zerstört.
Was lernen wir daraus?
Die Geschichte zeigt immer wieder, dass Patriarchat und Religion der Feind des weiblichen Geschlechts waren und immer noch sind. Wir können nur hoffen, dass eines Tages ein Umdenken stattfindet und wir keine Angst mehr vor einer älteren Dame haben, die auch noch Macht und Reichtum hat. Denn Geschichten wie Elisabeth Báthory, die Medusa-Legende oder die Hexenprozesse im Mittelalter dürfen sich nie wiederholen. Frauenfeindlichkeit darf in der heutigen Gesellschaft keinen Platz mehr haben.