Schwarze Galle – Melancholie

Wir alle wurden in unserem Leben, entweder durch die eigene Erfahrung oder durch Personen, die wir kennen, mit einer dunklen Gemütsstimmung konfrontiert. Augenblicke, in denen wir nachdenklich sind, von Traurigkeit geprägt und einen tiefen Schmerz verspüren. Künstler, Autoren und Philosophen hatten für jenes Gefühl einen Begriff: Melancholie. Heute kennen wir es als Depression, eine psychische Störung, die den Menschen von Anbeginn der Zeit begleitet und mit der wir auch in der Zukunft für immer leben müssen. Das heutige Thema wird genau jenem gewidmet. Wir wollen schauen, was Melancholie bedeutet, wieso der Teufel angeblich eine Mitschuld hat und wie man heute darüber denkt. Also schnappt euch einen Kaffee und kommt mit mir auf einen geschichtlichen Exkurs.

Seit Beginn der Geschichte der Menschheit gab es verschiedene Deutungen und Interpretationen zur Melancholie. In der antiken Medizin und der Naturphilosophie verstand man die Melancholie als ein Überwiegen der schwarzen Bilee. Daher stammt auch der Name. Es ist die Kombination des griechischen Wortes „melas“ was schwarz heißt und „cholé“ was Bilee bedeutet. Zusammengesetzt entsteht der Begriff „Melancholie“. Um das Überwiegen wieder in ein Gleichgewicht zu schaffen, versuchte man in der Antike und später noch immer im Mittelalter, die 4 Körpersäfte (Blut, helle Bilee, schwarze Bilee und Schleim), die 4 Elemente (Luft, Feuer, Wasser und Erde) sowie die 4 Zustände (warm, kalt, feucht und trocken) durch das Reduzieren der schwarzen Bilee in Einklang zu bringen. Wie das fragt ihr euch? Na ja, zum Beispiel durch Verzicht auf dunkelfarbigen Speisen, das Ausschwitzen von Giften durch Bäder und Bewegung, tiefgründige Gespräche, Abführmittel oder dem Aderlass. Die Liste der Methoden lässt sich noch weiterführen, nur gebracht hat es natürlich nichts. So galt die Melancholie zu jener Zeit nicht als Krankheit, sondern als eine spezifische Konstitution des Menschen und dessen Körper. Plato, der antike griechische Philosoph war davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen Genialität und Melancholie gab. „Warum erweisen sich alle außergewöhnlichen Männer in Philosophie oder Politik oder Dichtung oder in den Künsten als Melancholiker?“ (Phaidros, 360 v. Chr.)

Ganz so positiv sah man es dann im christlichen Mittelalter dann aber nicht mehr. Zwar hielten auch die Christen an dem humoralpathologischen Ansatz der Antike fest, aber man verlieh den vier Temperamenten (sanguinisch, cholerisch, melancholisch oder phlegmatisch) oder der Konstitution, sowie den entsprechenden Krankheiten einen religiösen Sinn. Jedoch sollte jene Konstitution nicht durch die vier Temperamente begründet sein, sondern durch seine „constituto“, seine paradiesische Natur. Die wahre Heilung liegt in der „restituto“, also der Auferstehung und nicht in der Medizin, denn diese ist das Werk von Magiern und Hexen. Aus christlicher Sicht zählte die Melancholie zu den Todsünden und wurde unter dem Ausdruck Acedia, welcher Trübsinn oder Trägheit beschreibt, als eine solche Sünde gewertet. Die Melancholie galt als Ausdruck der Verzweiflung am Heilsplan Gottes, wodurch es den Namen „Mönchskrankheit“ bekam. Mönche, die also melancholisch waren, wurden von Dämonen getrieben. So sagte Johannes Cassanius (360–435 Chr.), der Kirchenschriftsteller, dass Acedia mit ‚Ekel und Angst des Herzens‘ (taedium et anxietas cordis“) übersetzt werden kann. Also war die Melancholie damals ein Instrument des Teufels, welches zur Vernichtung des Menschen diente. War doch klar, oder?

Die Neuzeit führte auf der einen Seite das antik-mittelalterliche Denken über die Melancholie fort, vertrat aber auf der anderen Seite mit der Lockerung der Religion, also der säkularisierten Orientierung an der Natur und dem Individuum (Verdrängung vom Tod, dem Konzept von Schönheit / Gesundheit und der Verherrlichung der Jugend) die zunehmend beobachtete natürliche Interpretation der Melancholie. Wie ist das Erscheinungsbild? Was sind die Ursachen? Und wie können wir es Behandeln? Diese Fragen wurden nun gestellt. Selbst der bekannte Reformator Martin Luther empfahl Joachim von Anhalt, dass dieser gegen seine Melancholie etwas tun sollte, denn die Einsamkeit und Schwermut kommen vor Gott nicht gut an, da dieser kein trauriges Opfer vor sich haben möchte. Der berühmte Theologe Robert Burton, wies in seinem Werk „Anatomie der Melancholie“ (1621) darauf hin, dass sich die seelische Verfassung von biologischen, psychischen und sozialstrukturellen Voraussetzungen ableite. Immer mehr entfernte man sich als von dem Gedanken, dass die Melancholie ein Teufelswerk ist und beschäftigte sich wieder mit der Naturwissenschaft, mit welcher es auch in der Antike begann. Doch natürlich blieb man sich damals schon bei einer Sache treu. Beide Geschlechter können von der Melancholie befallen sein, aber wenn eine Frau daran erkrankt, sind sie schlimmer und heftiger gepeinigt als die Männer!

Als das Zeitalter der Aufklärung eintraf, erlangte man neue Erkenntnisse. Für die Melancholie war nun das Nervensystem des Menschen verantwortlich. Dessen waren sich die Mediziner sicher. Durch mechanische Methoden (Duschen, kalte und warme Reize), physischen Mitteln (Aderlass, Klistier oder Quecksilber) und physischen Verfahren (Beeinflussung der Gefühle, durch Lachen und positive Augenblicke) sollte die Melancholie behandelbar sein. Angeblich war die Melancholie auf die sozialhistorischen Veränderungen der Zeit des 18. Jahrhunderts und die Zunahme der daraus resultierenden Empfindlichkeit und Leidenschaft zurückzuführen. Somit wurde die Melancholie mit Hypochondrie und Hysterie gleichgesetzt. Geisteskranke sollten nicht mehr, wie es vorher der Fall war, als Verbrecher von der Gesellschaft angesehen werden. Es galt nun das Ziel jene zu behandeln und zu heilen. Dadurch war der Begriff Melancholie viele Jahre in den Psychiatrien als Krankheitsbezeichnung verwendet worden. Dies ist heute nicht mehr der Fall und Melancholie findet sich auch nicht in der International Classification of Diseases (ICD 10). Wir reden heute von Depressionen oder depressiven Störungen und die damit verbundenen Episoden unterschiedlicher Schwere und Dauer.

Also halten wir fest. Die Melancholie gehörte schon immer zur Natur und Kultur des Menschen und hat seit der Antike immer wieder Wissenschaftler, Philosophen, Künstler, Theologen und Schriftsteller fasziniert. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es unglaublich viele Werke gibt, die genau über dieses Thema sprechen oder es darstellen. Doch auch heute, wo wir der Melancholie einen Namen, nämlich „Depression“ gegeben haben, bleibt die Depression für die Medizin in Bezug auf Menschen und die Gesellschaft eine Herausforderung. In den letzten Jahren gab es eine deutliche Verbesserung der Möglichkeiten zur Behandlung durch Medikamente und Psychotherapie, doch damit diese erfolgreich sind und bleiben, muss eine jene Störung rechtzeitig erkannt werden. Denn wie so oft besteht immer die Gefahr eines Suizids durch einen depressiven Hintergrund.

An dieser Stelle möchte ich, als jemand der selbst davon betroffen ist, darauf hinweisen, dass eine Depression jeden Menschen treffen kann. Niemand ist davor geschützt, egal ob er eine gute oder eine schlechte Kindheit hatte. Egal ob die Person Erfolg im Leben hat oder von der Bahn abgekommen ist. Depression hat viele Gesichter und viele Geschichten, aber eines ist superwichtig zu wissen. Depression ist in der heutigen Zeit behandelbar! Fühlt euch niemals schlecht oder wertlos, wenn ihr Hilfe sucht und diese annimmt. Das gilt auch für diese Community hier. Wenn ihr niemanden habt, dem ihr das anvertrauen könnt, sprecht mich ruhig an. Helfen können nur professionelle Psychologen oder Psychotherapeuten, aber zu wissen, dass man da nicht allein durchgehen muss, oder mit gleichgesinnten sprechen kann, hilft beim Übergang zur Heilung. Auch wenn es sich ganz oft so anfühlt, ihr seid nie allein!

THE VEGAN SATANIST