Es gibt dieses grauenvolle Buch, welches in Menschenhaut gebunden ist und der mit Blut geschriebene Text die Dunkelmächte heraufbeschwört. Es ist das Necronomicon Ex Mortis, auch bekannt als das Buch der Toten. Ja, ich wette mit euch, dass ihr Filmfans es alle kennt und wenn ihr keine Horrorfilme schaut, dann seid ihr bestimmt beim Lesen einer H.P. Lovecraft Geschichte darüber gestolpert, welcher Zeitgleich auch der Erfinder des Necronomicon ist. Aber was ist, wenn ich euch Sage, dass es vielleicht ein solches Buch wirklich gibt? Sowohl ein Buch der Toten als auch Bücher, die in Menschenhaut gebunden sind? Das wird eine großartige Reise. Holt euch ein Kaffee und begleitet mich auf der Suche nach der Wahrheit.
Anthropodermische Bibliopegy – das ist der Begriff, welcher verwendet wird für ein Buch, welches in Menschenhaut gebunden wurde. Diese Praxis geht auf das 16. Jahrhundert zurück und ihr ahnt es schon, sie fand unter den gruseligen Viktorianern großen Anklang. Doch schon gegen Ende des viktorianischen Zeitalters (1837 – 1901), ging die Anzahl der in Menschenhaut gebundenen Bücher zurück, da die Menschen es zunehmend makaber und abstoßend empfanden.
Die Frage lautet dennoch, wer nutzte diese Methode? Nun, aus heutiger Sicht lässt sich ableiten, dass es meistens Ärzte waren und sie diese Methode verwendeten, um ihre Anatomie Bücher zu binden. Dafür nutzen sie zum größten Teil die Haut von medizinischen Leichen, welche zu Versuchs- und Unterrichtszwecken von den Studenten eh schon operiert wurden oder die von zum Tode verurteilten Verbrechern. Es gibt aber auch Fälle von Ärzten, deren Bücher in Gedenken an ihre toten Patienten mit deren Haut gebunden wurden. Ein wenig makaber ist die Verwendung von den verurteilten Verbrechern tatsächlich gewesen, da die Haut als eine Form der Bestrafung, welche über den Tod hinaus gehen soll, als Umschlag für die Aufzeichnungen über den Prozess des verurteilen verwendet wurde. Unter diesen Verbrechern gab es auch einen berühmten Fall.
Remember, Remember, The Fifth Of November.
Am 5. November 1605, versuchte Guy Fawkes das englische Parlament zu sprengen und König James I. zu töten. Dieses Attentat wurde frühzeitig verhindert und Guy Fawkes wurde gefangen genommen. Die Geschichte kommt euch bekannt vor? Nicht verwunderlich, da die Geschichte den Hauptplot von V WIE VENDETTA ausmacht. Ein Comic, der von Alan Moore 1982 geschrieben wurde und 2006 als Realfilm seinen Weg in die Kinos fand. Die Maske des Filmes ist noch heute populär und wird für viele Aktivisten als Zeichen der Anonymität genutzt. Aber was hat das mit unserem Thema zu tun? Nun, Guy Fawkes wurde verhaftet und solange gefoltert, bis er seine Mittäter für diesen Komplott verraten hat. Einer der Mitverschwörer war Pater Henry Garnet. Zwar war Garnet nicht aktiv am Komplott beteiligt, aber er war bei den Besprechungen dabei und wusste somit davon. Als Strafe wurde er nicht nur gehängt, sondern auch ausgeweidet und geviertelt. Seine Haut wurde ihm abgezogen und zu einem Buch gebunden. 1606 wurde das Buch mit dem Titel „A True and Perfect Relation of the Whole Proceedings Against the Late Most Barbarous Traitors, Garnet a Jesuit and His Confederates” gebunden. Es beinhaltet wie schon oben als Beispiel geschrieben, die Protokolle seiner verübten Straftaten. Besonders makaber wird es allerdings, wenn man weiß, dass auf einem Exemplar der Abdruck von Garnets Gesicht auf der Vorderseite zu sehen ist. Jenes Exemplar wurde 2007 für 11.000 $ versteigert.
Ein weiteres Beispiel findet man im Boston Athanaeum. Diese Privatbibliothek beherbergt ein Buch welches „The Highwayman: Narrative of the Life of James Allen alias George Walton“ heißt. Es sind die Memoiren von James Allen, welcher ein Mörder, Bankräuber und Dieb war. Nach seinem Tod 1837, ließ er diese Aufzeichnungen, also sein aufgezeichnetes Geständnis auf dem Totenbett, mit seiner Haut binden und schenkte es seinem letzten Opfer, Mr. John Fenno als Zeichen des Respekts. Auf der Vorderseite des Einbands befindet sich ein Etikett auf dem steht „HIC LIBER WALTONIS CUTE COMPACTUS EST“ („Dieses Buch ist in die Haut von Walton gebunden“). Walton war ein Pseudonym von James Allen.
Wenn es um das Fandom geht, kennt so manch ein Fan keine Grenzen. Denn schon 1877 gab es sprichwörtlich Hardcore Fans. So war eine bis heute unbekannte französische Gräfin ein riesiger Fan des Schriftstellers und Astronomen Camille Flammarion. Sie starb früh an Tuberkulose und ließ ihrem Idol ein bizarres Geschenk zukommen. Sie schickte ihm einen Streifen ihrer Haut, welches von ihren Schultern entfernt wurde und bat ihm darum, dies als Einband für sein neustes Buch zu verwenden. Flammarion fühlte sich von dieser Geste sehr geehrt und ließ sein Buch „Terres du ciel“ mit ihrer Haut binden. Bis ins Jahr 1925 konnten sich Menschen jenes Buch in Frankreich in einer Bibliothek in Juvisy-sur-Orge anschauen, denn dort war es ausgestellt.
Einen geschmacklosen Scherz scheinen ein paar unbekannte medizinische Assistenzärzte im 19. Jahrhundert vollbracht zu haben. Sie lieferten die Brüste verstorbener Patientinnen an einen englischen Erotikbuchbinder. Es wurde die Brusthaut entfernt und ein Buch damit gebunden, was die ganze Geschichte noch absurder werden lässt. Das Buch heißt „Justine et Juliette“ von Donatien Alphonse Francois, den Autoren welchen wir heute als Marquis de Sade kennen.
Interessant ist zudem die Geschichte der armen irischen Witwe Mary Lynch. Sie starb im Alter von 28 Jahren im Jahre 1869. Kurz nach ihrem Tod führte der 23-jährige Stationsarzt Dr. John Stockton Hough eine Autopsie durch und entfernte ein wenig Haut von ihrem Oberschenkel. Mary wurde in einem Armengrab bestattet und Dr. Hough gerbte ihre Haut. Es vergingen zwanzig Jahre, bis er die gegerbte Haut zum Binden nutzen konnte. Bei folgenden Publikationen verwendete er ihre Haut. Speculations on the Mode and Appearances of Impregnation in the Human Female (1789); Le Nouvelles Decouvertes sur Toutes les Parties Principales de L‘Homme et de la Femme (1680); und Recueil des Secrets de Louyse Bourgeois (1650). In allen drei Büchern geht es um die Gesundheit der Frau, die Empfängnis und die Geburt eines Kindes. Es wird davon ausgegangen, dass diese Bücher für Dr. Hough sehr wichtig waren, da seine erste Frau bei der Geburt des Kindes gestorben ist. Das geschah 6 Jahre, bevor er Mary Lynch behandelte und beerdigte. Alle drei Bücher befinden sich in der Historical Medical Library of The College of Physicians in Philadelphia.
Dies sind nur ein paar Beispiele von Büchern die tatsächlich in Menschenhaut gebunden worden. Ein aktueller Fall, welcher dieses Jahr für Aufsehen sorgte, war das Entfernen eines Einbands mit menschlicher Haut in der Harvard Universität in Boston. Es handelte sich um das Buch „Des destinées de l‘âme“, das von Arsène Houssaye in den 1880er Jahren geschrieben wurde. Das Problem war, dass der erste Besitzer des Buches, der französische Arzt und Bibliophile Dr. Ludovic Bouland (1839-1933), das Buch mit der Haut einer verstorbenen Patientin gebunden hat, von der er keine Zustimmung für die Verwendung ihres Leichnams hatte, während er dort arbeitete. Das Buch befand sich seit 1934 in der Sammlung der Harvard Library. Aufgrund ethischer Bedenken ließ man den Einband nun ändern.
Somit können wir schonmal bestätigen, dass es Bücher gibt, die in Menschenhaut gebunden wurden. Aber gibt es jetzt auch wirklich ein Buch wie das Necronomicon?
Die Antwort lautet Ja und Nein.
Es gibt kein solches Buch, welches in Menschenhaut gebunden ist. Es gibt aber tatsächlich ein uraltes Buch über die Welt der Toten. Das „Book of the Dead“ (Ägyptisches Totenbuch). Es enthält eine Sammlung von altägyptischen Begräbnistexten, die auf Papyrus geschrieben wurden. Diese wurden etwa zwischen 1550 v. Chr. bis etwa 50 v. Chr. verfasst. Diese lose Textsammlung besteht aus einer Reihe von Zaubersprüchen und dienen dazu, einem Toten auf seiner Reise durch die Unterwelt wieder den Weg ins Jenseits zu finden. Im Jahre 1842 führte der Ägyptologe Karl Richard Lepsius die Texte zusammen und brachte sie unter dem Titel „Todtenbuch der alten Ägypter“ heraus. Jenes Buch wird wahrscheinlich H.P. Lovecraft, der ein großer Fan der ägyptischen Mythologie war, beeinflusst haben und sorgte dafür, dass er die Geschichte erfand, dass der verrückte Araber Abdul Alhazred (lest diesen Namen langsam und dann steht dort „all has read“) das Necronomicon geschrieben hätte. Jenes Necronomicon von Lovecraft fand gerade in der Popkultur großen Anklang. Egal ob in der Literatur, Musik, Computerspiele oder Filme, es ist aus der heutigen Pop- und Horrorkultur nicht mehr wegzudenken. Doch dass wir das Buch der Toten mit einem Buch verbinden, was in Menschenhaut gebunden und in Blut geschrieben ist, verdanken wir Sam Raimi und seiner Evil Dead Filmreihe. Sam ist ein großer Lovecraft Fan und er erschuf mit seinem Film einen richtigen Kult um jenes Buch und der ewigen Frage, ob es dies wirklich gibt. Ich denke, die Frage haben wir nun hiermit beantwortet.
Wie ihr seht, steckt gerade in Horrorgeschichten und auch Horrorfilmen immer ein Funken Wahrheit. Allerdings gibt es bis heute keinen Nachweis von einem Buch, welches komplett in Blut geschrieben wurde. Dieser Teil bleibt also weiterhin bis jetzt reine Fiktion.
THE VEGAN SATANIST