Die nackte Wahrheit

Das heutige Thema kann für manche ein wenig belastend sein.
Habt ihr euch jemals gefragt, woher der Begriff, die nackte Wahrheit kommt?
Habt ihr jemals von der Redewendung gehört „Angst vor der nackten Wahrheit“?
Keine Sorge, wir sprechen heute nicht über Gymnophobie, einer spezifischen Phobie,
bei welcher die betroffene Person Angst vor der eigenen oder fremden Nacktheit hat,
sondern wir wollen einen Blick auf die Sage werfen und einer modernen Legende,
die sich darum gebildet hat.

Laut einer Legende, die aus dem 19. Jahrhundert stammt, treffen sich an einem normalen Tag die Wahrheit und die Lüge. Die Lüge sucht das Gespräch und sagt zur Wahrheit: „Heute ist ein wunderbarer Tag!“ Die Wahrheit, ein wenig irritiert von dieser Aussage, schaut in den Himmel, um sich selbst ein Bild davon zu machen. Die Lüge hatte recht,
der Tag war wirklich schön.
So gehen sie beide durch die Gegend und kommen an einem Brunnen vorbei.
Die Lüge von dem Brunnen angezogen, sagt zur Wahrheit: „Das Wasser hier ist sehr schön, passend zu Tag. Lass uns darin baden!“ Die Wahrheit ist wie bei der Aussage zum Tag ein wenig skeptisch und testet das Wasser mit der Hand. Tatsächlich ist das Wasser ebenfalls sehr schön. Die Wahrheit stimmt zu mit der Lüge ein Bad zu nehmen und ziehen sich aus. Als sich beide im Wasser befinden, springt die Lüge aus dem Brunnen, zieht die Kleider der Wahrheit an und läuft davon. Ihre eigene Kleidung nahm sie ebenfalls mit.
Die Wahrheit steigt nun ebenfalls, komplett nackt aus dem Brunnen und sucht verzweifelt die Lüge, denn sie will ihre Kleidung zurück. Doch sie findet die Lüge nicht. Stattdessen wird die Wahrheit, komplett nackt von der ganzen Welt gesehen, und die Menschen wenden ihren Blick von ihr voller Verachtung und Wut ab. Beschämt über diese Situation, kehrt die Wahrheit zum Brunnen zurück und steigt wieder in den Brunnen, um dem Hass der Welt zu entgehen. Seit jenem Tag, reist die Lüge,
als Wahrheit verkleidet um die ganze Welt und wird so von der Gesellschaft akzeptiert und anerkannt, da sie nicht nackt ist. Denn die Gesellschaft möchte auf keinen Fall,
der nackten Wahrheit begegnen.

Diese Legende stammt von dem Motiv des alten griechischen Philosophen Demokrit
(460 v. Chr. – 370 v. Chr.). Er sagte: „In Wirklichkeit wissen wir nichts, denn die Wahrheit liegt in der Tiefe.“ Zu jener Zeit, als Demokrit diesen Satz aussprach, war es eine Kritik an die Gläubigen. Wenn man also eine kritische Haltung zu den traditionellen Götterzählungen hatte, war man schnell des Todes. Man wurde der Gottlosigkeit angeklagt und die Strafe dafür viel schlimm aus, denn im alten Griechenland hatten gerade Priester einen hohen politischen Einfluss. Gelehrte wie Sokrates oder Aristoteles fielen diesem zum Opfer.
Daher schlug Demokrit diesen Ratschlag vor, die Wahrheit über die „göttlichen Lügenmärchen“ in der Tiefe oder wie es später auch anders übersetzt wurde, im Brunnen zu lassen, damit man nicht aus der Stadt gejagt wird oder den Giftbecher trinken muss.

Fast zwei Tausend Jahre später, im Jahr 1896, veröffentlichte der Maler Jean-Léon Gérôme sein Werk „La Vérité sortant du puits armée de son martinet pour châtier l’humanité“, was übersetzt heißt „Die Wahrheit steigt aus dem Brunnen, mit ihrer Peitsche bewaffnet, um die Menschheit zu züchtigen.“ Dass die Nacktheit in diesem Bild eine Frau darstellt, erklärt sich durch dem international gebräuchlichen Ausdruck la vérité nue,
„die nackte Wahrheit“.
Der Artikel für weibliche Wörter im Französischen ist „la“. Schon 1 Jahr zuvor, im Jahr 1895, zeigte Gérôme auf dem Champs Elysées-Salon ein Gemälde mit dem Titel „Mendacibus et histrionibus occisa in puteo jacet alma Veritas“. Dies ist Latein und heißt übersetzt:

„Von Lügnern und Schauspielern getötet, liegt die Seele der Wahrheit einem Brunnen“.

Dort wurde die nackte Wahrheit von der Lüge getötet. Die Lüge schmiss den Körper der nackten Wahrheit in den Brunnen und einen Spiegel, aus dem Lichtblitze erstrahlen und den dunklen Abgrund erhellen.

Nun gut, wollen wir doch mal einen Blick auf die nackte Wahrheit werfen, bei einem Thema, welches viele Menschen betrifft.

Der Juni ist der psychischen Gesundheit von Männern gewidmet. Und diese Woche, vom
10. bis 16. Juni, findet die internationale Woche der Männergesundheit statt. Vor 2 Jahren,
im Jahr 2022 nahmen sich ungefähr 10.119 Menschen allein in Deutschland das Leben durch Suizid. Hochgerechnet sind das fast 28 pro Tag. Vorweg, die Rate der Selbstmorde hat sich im Gegensatz zu 1980 sehr verringert, da waren es knapp 50 Personen pro Tag. Das Problem ist aber, dass deutlich mehr Männer sich das Leben als Frauen.
Im Durchschnitt sind es dreimal so viele Männer wie Frauen. Frauen unternehmen statistisch mehr Selbstmordversuche, lassen sich aber eher helfen oder ziehen es zum Glück nicht final durch. Männer lassen sich da nicht aufhalten und bringen sich tatsächlich um. Woran liegt das? Männer haben ein großes Problem ihre Gefühle auszudrücken und leiden deshalb vermehrt unter emotionalen Belastungen. Unter Männern, besteht auch ein gesellschaftlicher druck. So sorgen die von der Gesellschaft aufrechterhaltenen Geschlechterrollen, sowie die bekannte toxische Männlichkeit für eine verstärkte Auswirkung bei Männern. Das starke Geschlecht verbirgt seine Depression.
Somit wird angenommen, dass bei 60 bis 90 % die Erkrankung Depression nicht erkannt, geschweige denn überhaupt behandelt wird. Männer reden eher über Rückenschmerzen oder Herzprobleme, statt über ihre seelischen Wunden zu sprechen. Männer haben oft im Hinterkopf, dass sie nicht mehr als Alphamännchen akzeptiert werden, wenn sie über Gefühle sprechen, weinen oder auch ihre feminine Seite herauslassen.
Viele Männer haben auch ein Problem damit, wenn ihre Sexualität von Familien und Freunden nicht anerkannt wird, eine schlimme Tatsache, für viele die Angst haben sich zu outen. Diese Unterdrückung der Emotionen führt zu emotionalen Krisen.
Statt die Probleme zu behandeln, versuchen sie die scheinbare Bedrohung der Männlichkeit zu kompensieren. Dies führt oft zum exzessiven Verhalten. Oftmals ist dann der Missbrauch von Drogen und auch Alkohol eine typische Reaktion.
Das Endergebnis ist oft der Strick.

Also lasst uns alle gemeinsam der nackten Wahrheit von nun ans ins Gesicht blicken.
Sagt den Männern, Freund, Bruder, Vater, Sohn oder Opa, dass es okay ist, über Gefühle zu sprechen. Dass es okay ist, nicht dem Bild von toxischer Männlichkeit zu entsprechen.
Denkt an eine der wichtigsten Regel vom SATANIC TEMPLE: „Man sollte sich bemühen,
mit Mitgefühl und Empathie gegenüber allen Lebewesen im Einklang mit der Vernunft zu handeln.“ Seid füreinander da, schaut nicht weg und nehmt euch ein wenig Zeit für eure Mitmenschen. Und liebe Männer, steht zu euren Gefühlen, geht ruhig zur Therapie und lasst euch, wenn es euch nicht gut geht, helfen. Das ist nie ein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Nur so können wir alle, dass ein oder andere Leben retten.

THE VEGAN SATANIST