Der wahre Vampirjäger

Der furchtlose Vampirjäger Van Helsing ist mindestens genauso berühmt, wie seine Nemesis, der Fürst der Finsternis, Dracula. Beide sind Figuren, die durch den Autoren Bram Stoker unsterblich gemacht wurden und in der heutigen Popkultur fest verankert sind. Ähnlich wie Batman und Joker, kann es den einen nicht ohne den anderen geben. Bei Dracula wissen wir, dass er an einer historischen Figur angelehnt ist. Doch würdet ihr mir glauben, dass es auch Van Helsing wirklich gab? Nun, falls nicht, dann möchte ich euch eines Besseren belehren, denn es gab ihn wirklich. Jedoch hieß er nicht Van Helsing, aber er war ein Vampirjäger, genau wie seine Figur in Bram Stokers Roman. Schnappt euch einen Kaffee, oder eine Tasse Blut und begleitet mich auf die historische Reise über den wahren Vampirjäger ohne dem wir niemals einen Peter Cushing oder Anthony Hopkins in der berühmten Rolle gesehen hätten oder die Videospielreihe Castlevania auf die Belmonts verzichten müsste.

Gerard van Swieten, der Sohn von Thomas Franziskus van Swieten und Elisabeth van Loo erblickte am 7. Mai 1700 das Licht der Welt. Schon in den sehr jungen Jahren verstarben seine beiden Eltern und der junge van Swieten war auf sich allein gestellt,
da er zwar Vormünder erhielt, diese sich allerdings sich nicht um ihn kümmerten und sich selbst überlassen haben. Zunächst studierte Gerard van Swieten im Jahr 1715 Philosophie an der katholischen Universität in Löwen, Belgien, doch sein Interesse brannte für die Naturwissenschaften, weshalb er im Jahr 1718 an der Universität in seiner Heimatstadt Leiden in den Niederlanden, Chemie, Pharmazie und Medizin studierte.
Er war ein Schüler von Herman Boerhaave, welcher zu seinem wichtigsten Lehrer wurde. Nach 7 Jahren promovierte er zum Doktor der Medizin mit seiner Arbeit über die Struktur und Funktion der Arterien mit dem Titel „Dissertatio de arteriae fabrica et efficacia in corpore humano“. Er fühlte sich seiner Heimatstadt sehr verbunden und ließ sich als Arzt in Leiden nieder, aber er strebte immer weiter nach neuem Wissen, weshalb er nebenbei noch als Mitarbeiter von Herman Boerhaave an der Universität arbeitet. Sein Mentor verstarb allerdings im Jahr 1738 und van Swieten, welcher schon die Professur für Boerhaaves vertrat, als dieser erkrankte, durfte nun nicht mehr an der Universität arbeiten. Der Grund ist so simpel wie unnötig. Van Wieten war Katholik. Da die Universität in Leiden aber protestantisch war, nahmen sie ihn nicht an. Das hielt van Swieten aber nicht auf.
Er machte als Privatlehrer für Studenten weiter und veröffentlichte seine kommentierten Aufzeichnungen von Boerhaaves Vorlesungen in dem Werk „Commentaria“, welche tatsächlich als Standardwerk der praktischen chirurgischen Medizin galten. Durch diese Veröffentlichung wurde er 1742 international bekannt. Es machte ihn sogar so bekannt, dass Franz I. ihn nach Wien berufen ließ, denn die Schwester der österreichischen Kaiserin Maria Theresia, Anna von Lothringen, erkrankte am Kindbettfieber und van Swieten, welcher im ständigen Briefaustausch mit der Kaiserin stand, sollte versuchen ihr zu helfen. Aber jene Hilfe kam zu spät und auch Gerard van Swieten konnte ihr nicht mehr helfen.

Dennoch war die Kaiserin von seinem Einsatz und seinem Wissen so begeistert, dass sie ihn1745 als Leibarzt einstellte. Nun, da er der Kaiserin diente, bekam er auch andere wichtige Aufgaben übertragen, wie zum Beispiel als Leiter der Zensurkommission oder als Präfekt der kaiserlichen Bibliothek. Für die Bibliothek sah er vor, dass diese auf den modernsten wissenschaftlichen Stand ist und besorgte wissenschaftliche Literatur aus den westeuropäischen Ländern.
Besonders wichtig waren ihm die Werke der Naturwissenschaft und der französischen Aufklärer. Da er auch den Posten des Leiters in der Zensurkommission vertrat, schaffte er es den bis dahin zuständigen Jesuitenorden aus dessen Rolle zu verdrängen und bewirkte eine Lockerung der Zensurbestimmung. Wissenschaft stand für ihn an erster Stelle und dann der Glaube. Er diente dem Geist der Aufklärung und galt durch seine Lehren zur Physiologie und Pathologie, sowie dem Unterricht am direkten Krankenbett, als der Begründer der Wiener medizinischen Schule. Er Verstand auch wie wichtig die Bedeutung des botanischen und chemischen Grundlagenwissens für jenes Medizinstudium war. Also ließ er mit der Erlaubnis der Kaiserin ein chemisches Labor und einen Botanischen Garten namens „Hortus Medicus“ errichten. Wie bereits erwähnt, diente er dem Geist der Aufklärung und es gab für ihn immer eine rationale Lösung und jene verlangte die Kaiserin Maria Theresia von ihm, als es um den bekannten „Aberglauben“ ging.

Nach dem Ende des Türkenkrieges im Jahr 1718 fielen einige Regionen wie zum Beispiel Nordserbien sowie ein Teil von Bosnien zu Österreich. Diese Regionen wurden von Flüchtlingen besiedelt die für die landwirtschaftliche Erschließung sowie die Grenzsicherung zuständig waren. Doch sie brachten etwas Furchterregendes mit sich. In den Dörfern verbreiteten sich die Legenden in den deutschsprachigen Raum und immer mehr Menschen in diesen Regionen fingen an daran zu glauben. Die Legende von Strigois. Unruhige Seelen, die aus ihren Gräbern emporsteigen und ihr angehöriges Quälen. Besser bekannt als, Vampire.

Doch wo kommt dieser Aberglaube eigentlich her. In den Gebieten Transsylvaniens,
der Walachei und Moldawiens gab es die Legende der Strigois. Fans von Guillermo Del Toros THE STRAIN dürften jetzt aufhorchen. Ja, die Legende von Vampiren. Strigois waren aber im Gegensatz zu den in der Geschichte bekannten serbischen Upir und griechischen Vrykolakas, ebenfalls Namen für Vampir, ausschließlich menschlich und nicht dämonisch. Ein Strigoi kehrt in zwei Phasen in die Welt der Lebenden zurück.
In der ersten erscheint er als Poltergeist und belästigt seine verbliebende Familie.
In der zweiten Phase taucht jener als Untoter zurück und bettelt um Essen.
Dabei verbreitet er Krankheiten und stiehlt bei den Dorfbewohnern. Wenn er nicht bekommt, was er will, ernährt er sich von Menschen und saugt ihnen das Blut aus dem Körper. Er fängt bei seiner Familie an und tötet jeden weiteren, der ihn über den Weg läuft. Doch wie erkenne ich einen Strigoi? Die Untoten haben eine Glatze, essen weder Knoblauch noch Zwiebeln, meiden Weihrauch und in der Nacht zum Feiertag des Heiligen Andreas, dem 30. November, schlafen sie draußen und bekämpfen sich mit anderen Strigois. Sollte dies als Identifikation nicht reichen, sollte man auf die anatomische Abweichung achten, denn ein Strigoi hat ein Rückgrat in Form eines Schwanzes, welches mit Haaren bedeckt ist. Aber auch der Strigoi hat eine Schwäche. Er kann nicht ewig bei den Lebenden herum wandeln und muss immer wieder zu seinem Grab zurückkehren. Damit man vom Strigoi befreit wird, muss jener in seinem Grab exhumiert, verbrannt, gepfählt oder zerteilt werden. Wenn dies nicht innerhalb von sieben Jahren geschieht, zieht der Strigoi weiter ins nächste Dorf. Nun wisst ihr, woher Bram Stoker sein Vorbild für Vampire hatte. Da dieser Mythos aus derselben Region kommt, wie Vlad III. Drăculea,
ist es nicht verwunderlich, dass er beide die historische Figur mit jenem Aberglauben für seine Geschichte kombinierte. Doch wo Rauch ist, ist auch meistens Feuer und es scheint in der Geschichte der Menschheit einen dokumentierten Fall zu geben, bei dem es sich vielleicht wirklich um einen Strigoi handelte.

Werfen wir ein Blick auf die Region Istrien, dessen Großteil zu Kroatien gehört und der nördliche Teil zu Slowenien. Dort lebte von 1759 bis 1656 ein Dorfbewohner namens Jure Grando Alilović. Doch Alilović ließ den anderen Dorfbewohnern keine Ruhe und streifte laut der Legende 16 Jahre nach seinem Tod durch das Dorf und Terrorisierte seine Mitbürger. In den Zeitgenossen lokalen Aufzeichnungen wurde er als Strigoi, štrigon oder štrigun bezeichnet, was aus dem Rumänischen kommt und übersetzt Vampir heißt.
Der Priester und die Dorfbewohner mussten endlich handeln, damit das Dorf endlich in Frieden leben konnte und sie entschlossen sich eines Tages im Jahre 1672 seinen Leichnam zu enthaupten. Eine interessante Randnotiz, die ich hier erwähnen muss, ist die Tatsache, dass die Geschichte von Erasmus Francisci und Johann Joseph von Goerres in ihrem Werk „La mystique divine, naturelle, et diabolique“ im Jahr 1855 erzählt und ausgeschmückt wurde, weshalb man dieser keine wirkliche Beachtung schenken sollte, da sie historisch nicht korrekt ist.

Zurück ins 18. Jahrhundert. Die Berichte über Vampire verbreiteten sich nun im deutschen Sprachraum wie ein Lauffeuer. Angeblich wurden mehrere Leichen ausgegraben, die auch Tage nach ihrem Tod keinerlei Verwesung vorwiesen, lange Fingernägel und zum Teil sogar noch Blut in sich hatten. Zudem sagt man sich, dass die Menschen vor ihrem Tod an einer mysteriösen Krankheit litten. Mutige, die versuchten diese Vampire zur Strecke zubringen, berichteten, dass wenn sie ein Pfahl in den Leichnam rammten, dieser seinen spitzen Schrei von sich gab. Als diese Legenden im Jahr 1755 auch im Kaiserhau eintrafen, entsandte die Kaiserin Maria Theresia ihren Leibarzt Gerard van Swietens nach Mähren, Tschechien, um die Vampirlage aufzuklären. Gerard Van Swieten war von Anfang an klar, dass an dem Vampirmythos nichts Wahres dran ist und sah diesen nur als „Barbarei und Unwissenheit“ an. Seiner Mission galt es, diese Unwissenheit auszumerzen. Er untersuchte alle Vampirfälle vor Ort aufs gründlichste und stellte dabei etwas Besonderes fest. Bei einigen Leichen trat Blut aus dem Mund und ihre Leiber wirkten gefüllt. Auch die Haut wirkte rosig und tatsächlich besaßen manche scheinbar längeren Fingernägel und Haare. Aber es handelte sich hier um eine natürliche Ursache und van Swieten konnte dies alles erklären. Bei den Leichen wurde auf durch Luftmangel den Prozess der Verwesung verhindert und die Gärungsprozesse füllten den Leichnam mit Gas, weshalb es wirkte, als ob sie zugenommen hätten. Was ebenfalls passierte ist, wenn die Haut einer Leiche trocknet, zieht sich weiches Gewebe, also vor allem die Haut, zurück. Deshalb erscheinen die Fingernägel länger als zu Lebzeiten. Dasselbe gilt auch für die Haare, wobei dieses Phänomen seltener auftritt.

Gerard van Swieten verfasste 1768 einen Bericht dazu mit dem Titel „Abhandlung des Daseyns der Gespenster.“ Er war sich sicher, dass der ganze Lärm von nichts anderem herkam als von einer eitlen Furcht, von einer abergläubischen Leichtgläubigkeit und der Unwissenheit jenes Volkes. Seine Theorie wurde von anderen Medizinern gestützt und man konnte das vermehrte Sterben in den Dörfern auf Krankheiten und Seuchen zurückführen. Die Kaiserin Maria Theresia erließ direkt nach dem Bericht von van Swieten einen Erlass, der alle traditionellen Abwehrmaßnahmen gegen Strigois, also Vampire verbat. Die Dorfbewohner durften die Leichen nicht mehr Pfählen, Köpfen oder Verbrennen. 4 Jahre danach im Jahr 1772 verstarb Gerard van Swieten am 18. Juni in seinem Landhaus in Schönbrunnen bei Wien. Sein Grabmal befindet sich noch heute bei der Wiener Augustinen Kirche. Interessanterweise glauben aber selbst heute noch die Leute in Rumänien an den Strigoi. So wurden 2005 im Dorf Marotinu de Sus im Südwesten Rumäniens Dorfbewohner wegen Störung der Totenruhe zu Freiheitsstrafen und 30 Millionen Lei Schadensersatz verurteilt. Die Verurteilten einen angeblichen einen Strigoi aus seinem Grab geholt, das Herz herausgeschnitten, es verbrannt, die Asche danach in Wasser aufgelöst und getrunken. Bei manchen Menschen ist der Glaube stärker ist als die Beweise der Wissenschaft. Aber Gerard van Swieten hat bewiesen, dass die Wahrheit oftmals weniger gruselig ist und das Begierden nach Wissen, die Welt verändern kann. Scheint so, als hätte es schon damals den Vegan Satanist gegeben,
auf der Suche nach der Wahrheit. Wir lesen uns bei der nächsten Geschichte.

THE VEGAN SATANIST